Ein etwas anderer Wandertag
Auf Initiative der SchülerInnen unternahmen die A23-Kurse am 12. Oktober 2022 eine Exkursion zur Gedenkstätte Buchenwald. Der Förderverein des Salza-Gymnasiums erstattete auf Antrag den Zwölftklässlern einen Teil der Kosten für diesen Projekttag.
Gegen Mittag erreichten die Schüler mit ihren Stammkursleitern die Anlage am Glockenturm. Bei strahlendem Sonnenschein besichtigten wir dieses monumentale Mahnmal. Hinter einem eindrucksvollen Säulentor reihen sich, entlang einer Treppe, die zu den Gräbern führt, symbolisch sieben Stelen, auf denen Reliefs die Geschichte der sieben Jahre des Konzentrationslagers Buchenwald als einem nationalsozialistischen Gefangenenlager darstellen. Ein gepflasterter Weg führt zum ersten von insgesamt drei Ringgräbern, in denen die SS tausende Leichen der Häftlinge eingelagert haben. Der Anlagenkomplex erregte die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler, nicht zuletzt wegen der „Straße der Nationen“, die eine Mauer mit Pylonen verband, auf denen die Herkunftsstaaten aller jemals in Buchenwald inhaftierten Menschen zu lesen waren. Wir stiegen dann eine lange Treppe hinauf, um ein Denkmal aus Bronzefiguren, das eine Szene des Widerstands der Gefangenen zeigte, zu betrachten. Der Anblick dieses Werkes von Fritz Cremer vor der Kulisse des Glockenturms ließ uns einige Minuten verharren. Pünktlich fanden wir uns dann vor dem Kino der Gedenkstätte ein. Wir sahen einen Dokumentarfilm, in dem Zeitzeugen, ehemalige Gefangene des Arbeitslagers, von ihrer Zeit in Buchenwald und von der Allgegenwärtigkeit des Todes berichteten. So seien Berge toter Körper vor den Baracken, aufgrund der täglichen Begegnung mit Leid und Elend, für viele Häftlinge zur Normalität geworden.
Im Anschluss begannen die Führungen durch das ehemalige Gefangenenlager und es kam direkt die Frage nach der Schuld auf. Wer war in Buchenwald Täter, wer machte sich mitschuldig und wer war mitwissend? Und wo verlaufen die Grenzen zwischen Tätern, Mitschuldtragenden und Mitwissern? Diese Fragen sollten zentraler Bestandteil unserer Führung werden. Das Torgebäude mit der bekannten Innschrift „Jedem das Seine“ weckte Unbehagen. Alle hatten es zuvor auf Bildern gesehen und nun auch noch selbst durch das Tor zu gehen, hinein in das Lager, war den meisten von uns sehr befremdlich. Der karge Appellplatz entsprach dem Gegenteil des imposanten Mahnmals. Hinter den Abschnitten, wo einst die Pferdeställe gestanden hatten und nur die Markierungen der Pfähle erhalten blieben, fiel das Sonnenlicht durch die braunblättrigen Bäume und schuf damit eine befremdliche Szenerie.
Über 56.000 Menschen starben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. Wir konnten viele schicksalsträchtige Orte besichtigen, viele Fragen klären und die meisten legten im Krematorium ihre Rose zum Gedenken an die scheußlichen Verbrechen dieser Zeit nieder.
Unser Rundgang endete wieder am Lagertor. Das Ziffernblatt des Hauptwachturmes zeigt den Moment der Befreiung Buchenwalds – 15.15 Uhr am 11. April 1945 – an.
Greller, warmer Sonnenschein begleitete uns auch auf dem Weg durch das Lagertor aus der Gedenkstätte zu unseren Bussen, doch wir hatten keinen Blick für dieses herrliche Herbstwetter, denn wir waren voller Eindrücke und Gedanken an diesen Ort der nationalsozialistischen Vergangenheit.
Text: Hannes Hähnlein (A23); Bilder: Iris Fabris